7-1-28. Anwendung der Integralgleichungen auf Hertzsche Wellen

Ich will heute über eine Anwendung der Integralgleichungen auf Hertzsche Wellen vortragen und insbesondere die äußerst merkwürdigen Beugungserscheinungen behandeln, welche bei der drahtlosen Telegraphie eine so wichtige Rolle spielen; ist es doch eine wunderbare Tatsache, daß die Krümmung der Erdoberfläche, welche eine Fortpflanzung des Lichtes verhindert, für die Ausbreitung der Hertzschen Wellen kein Hindernis darstellt, daß dieselben vielmehr auf der Erdoberfläche von Europa bis Amerika zu laufen vermögen. Der Umstand, daß die Hertzschen Wellen eine viel größere Länge haben als die Lichtwellen, kann allein diese Erscheinung noch nicht erklären. Eine solche Erklärung ergibt sich vielmehr erst durch Betrachtung der Differentialgleichungen des Problems.

Setzen wir die Lichtgeschwindigkeit gleich 11, und verstehen wir mit Maxwell

unter α\alpha, β\beta, γ\gamma die Komponenten der magnetischen Kraft,
unter F,F, G,G, HH die Komponenten des Vektorpotentiales,
unter f,f, g,g, hh die Komponenten der elektrischen Verschiebung,
unter ψ\psi das skalare Potential,
unter u,u, v,v, ww die Komponenten des Konduktionsstromes,
unter ϱ\varrho die Dichte der Elektrizität,

so gelten die Gleichungen

α=Hy-Gx\alpha=\frac{\partial H}{\partial y}-\frac{\partial G}{\partial x}
4πf=-Ft-ψx,4\pi f=-\frac{\partial F}{\partial t}-\frac{\partial\psi}{\partial x},
4π(μ+ft)=γy-βz,4\pi\left(\mu+\frac{\partial f}{\partial t}\right)=\frac{\partial\gamma}{% \partial y}-\frac{\partial\beta}{\partial z},
fx=fx+gy+hz=ϱ,\sum\frac{\partial f}{\partial x}=\frac{\partial f}{\partial x}+\frac{\partial g% }{\partial y}+\frac{\partial h}{\partial z}=\varrho,
Fx+ψt=0,\sum\frac{\partial F}{\partial x}+\frac{\partial\psi}{\partial t}=0,

und es folgt

4πμ\displaystyle 4\pi\cdot\mu =2Ft2-ΔF,\displaystyle=\frac{\partial^{2}{F}}{\partial{t^{2}}}-\Delta F,
4πϱ\displaystyle 4\pi\cdot\varrho =2ψt2-Δψ.\displaystyle=\frac{\partial^{2}{\psi}}{\partial{t^{2}}}-\Delta\psi.

Wir betrachten nun eine gedämpfte synchrone Schwingung, indem wir annehmen, daß alle unsere Funktionen proportional sind mit der Exponentialgröße

eiωt.e^{i\omega t}.

Aus den so zustande kommenden komplexen Lösungen erhalten wir die physikalischen durch Trennung in reellen und imaginären Bestandteil. Der reelle Teil von ω\omega gibt die Schwingungsperiode, der imaginäre die Dämpfung.

Aus unserem Ansatz folgt

Ft\displaystyle\frac{\partial F}{\partial t} =iωF,\displaystyle=i\omega\cdot F,
ψt\displaystyle\frac{\partial\psi}{\partial t} =iωψ,\displaystyle=i\omega\cdot\psi,

und man kann daher FF und ψ\psi als retardierte Potentiale darstellen wie folgt:

F\displaystyle F =μe-iωrr𝑑τ,\displaystyle=\int\mu^{\prime}\frac{e^{-i\omega r}}{r}d\tau^{\prime},
ψ\displaystyle\psi =ϱe-iωrr𝑑τ;\displaystyle=\int\varrho^{\prime}\frac{e^{-i\omega r}}{r}d\tau^{\prime};

dτd\tau^{\prime} ist das Raumelement im (x,y,z)(x^{\prime},y^{\prime},z^{\prime})-Raume, μ\mu^{\prime}, ϱ\varrho^{\prime} die Werte von μ\mu, ϱ\varrho im Punkte (x,y,z)(x^{\prime},y^{\prime},z^{\prime}), rr die Entfernung der Punkte (x,y,z)(x^{\prime},y^{\prime},z^{\prime}) und (x,y,z)(x,y,z).

In den meisten Problemen treten zwei verschiedene Medien auf, der freie Äther und die leitenden Körper; von den letzteren wollen wir annehmen, daß sie sich wie vollkommene Leiter verhalten, daß also in ihrem Innern das Feld verschwindet, die elektrischen Kraftlinien auf ihrer Oberfläche normal stehen, während die magnetischen in dieselbe hineinfallen; dem Umstande, daß Ladung und Strömung nur an der Oberfläche des Leiters vorhanden ist, wollen wir dadurch entsprechen, daß wir die obigen Ausdrücke für FF und ψ\psi modifizieren, indem wir an Stelle der Raumintegrale Oberflächenintegrale einführen. Wir schreiben

ψ\displaystyle\psi =ϱ′′e-iωrr𝑑σ,\displaystyle=\int\varrho^{\prime\prime}\frac{e^{-i\omega r}}{r}d\sigma^{% \prime},
F\displaystyle F =μ′′e-iωrr𝑑σ,\displaystyle=\int\mu^{\prime\prime}\frac{e^{-i\omega r}}{r}d\sigma^{\prime},

wo ϱ′′\varrho^{\prime\prime}, μ′′\mu^{\prime\prime} jetzt die Flächendichte der Ladung bzw. Strömung bedeuten und dσd\sigma^{\prime} das Flächenelement ist.

Wir unterscheiden gewöhnlich zwei leitende Körper, der eine soll der äußere, der andere der innere Leiter heißen; sie erzeugen das “äußere” resp. das “innere” Feld; das äußere Feld ist gegeben, das innere gesucht. So ist z. B., wenn wir das Problem des Empfanges elektrischer Wellen betrachten, der Sender der äußere, der Empfangsapparat der innere Leiter; beim Probleme der Beugung elektrischer Wellen ist der Erreger der äußere, die Erdkugel der innere Leiter; bei dem Probleme der Schwingungserzeugung haben wir kein äußeres Feld, der Erreger wird dann als innerer Leiter anzusehen sein.

Um nun zum Ansatz einer Integralgleichung zu gelangen, wollen wir unter den oben erklärten Funktionen nur die zum unbekannten inneren Felde gehörigen verstehen, sodaß z.B. die obigen Integrale nur über die Oberfläche des inneren Leiters zu erstrecken sind; beachten wir nun, daß die innere Normalkomponente des elektrischen Vektors am inneren Leiter unserer obigen Annahme zufolge verschwinden muß, so folgt, wenn ll, mm, nn die Richtungskosinus der Normale bedeuten, aus unseren Ausgangs-Gleichungen:

4πf=ψn+iω(lF+mG+nH)=N,4\pi f=\frac{\partial\psi}{\partial n}+\text{i}\omega\left(lF+mG+nH\right)=N,

wo NN die Normalkomponente des äußeren Feldes, also eine bekannte Funktion ist.

Bezeichnen wir jetzt die Flächendichte statt mit ϱ′′\varrho^{\prime\prime} mit μ\mu^{\prime}, so wird zufolge unseres Ausdruckes für ψ\psi

ψn=2πμ+μn(e-iωrr)𝑑σ.\frac{\partial\psi}{\partial n}=2\pi\mu+\int\mu^{\prime}\frac{\partial}{% \partial n}\left(\frac{e^{-\text{i}\omega r}}{r}\right)d\sigma^{\prime}.

Benutzen wir ferner unseren Ausdruck für FF und die entsprechenden für GG und HH, so hat man

iωlF=e-iωrriωlμ′′dσ.\text{i}\omega\sum lF=\int\frac{e^{-\text{i}\omega r}}{r}\text{i}\omega\sum l% \mu^{\prime\prime}\>d\sigma^{\prime}.

Diesen Ausdruck kann man nun in gewissen Fällen durch partielle Integrationen auf die Form

-iωLμ𝑑σ-\text{i}\omega\int L\mu^{\prime}\>d\sigma^{\prime}

bringen, wobei LL eine bekannte Funktion ist. So haben wir schließlich

2πμ+μ{n(e-iωrr)-iωL}𝑑σ=N,2\pi\mu+\int\mu^{\prime}\left\{\frac{\partial}{\partial n}\left(\frac{e^{-% \text{i}\omega r}}{r}\right)-\text{i}\omega L\right\}d\sigma^{\prime}=N,

und dies ist die Integralgleichung 2. Art für μ\mu, auf die wir hinstrebten. Im allgemeinsten Falle bekommt man zwei Integralgleichungen mit zwei Unbekannten, welche z. B. μ\mu und ν\nu sein mögen, wo μ\mu das oben definierte ist; wir setzen ν=dNdn\nu=\frac{dN}{dn}, wo ddn\frac{d}{dn} die Ableitung in der Normalrichtung bezeichnet und NN die Normalkomponente der magnetischen Kraft ist.

Die Funktion LL läßt sich dann besonders einfach bilden, wenn der innere Leiter ein Rotationskörper ist und das äußere Feld Rotationssymmetrie besitzt. Ist ss, ss^{\prime} die Bogenlänge, gemessen vom Endpunkte der Rotationsachse auf einem Meridian bis zu den Punkten PP, PP^{\prime}, ist ferner ϑ\vartheta der Winkel zwischen der Normale in PP und der Meridiantangente in PP^{\prime}, so wird LL als Funktion von ϑ\vartheta, ss, ss^{\prime} definiert durch die Differentialgleichung

Ls=e-iωrrcosϑ.\frac{\partial L}{\partial s^{\prime}}=\frac{e^{-\text{i}\omega r}}{r}\cos\vartheta.

Das Problem des Empfanges elektrischer Wellen läßt sich auf Grund der obigen Integralgleichung 2. Art behandeln.

Wollen wir nur das Problem der Erzeugung elektrischer Wellen betrachten, so haben wir das äußere Feld gleich Null zu setzen, es wird also N=0N=0, und wir haben eine homogene Integralgleichung vor uns; in ihr darf jedoch ω\omega nicht mehr einen willkürlichen Parameterwert bedeuten, sondern ist eine zu bestimmende Zahl, die die Rolle der Eigenwerte spielt.

Ich schreibe unsere Integralgleichung in der Form

2πμ+Kμ𝑑σ=N2\pi\mu+\int K\mu^{\prime}\>d\sigma^{\prime}=N

mit dem Kerne KK; ich führe einen unbestimmten Parameter λ\lambda ein und betrachte die allgemeine Gleichung

2πμ+λKμ𝑑σ=N.2\pi\mu+\lambda\int K\mu^{\prime}\>d\sigma^{\prime}=N.

Das erste Glied hängt von zwei Unbestimmten λ\lambda und ω\omega ab. Wenn man die gewöhnliche Fredholmsche Methode anwendet, so erhält man die Lösung unserer obigen Integralgleichung in Gestalt einer meromorphen Funktion von λ\lambda, deren Nenner eine ganze Funktion von λ\lambda ist. Man kann nun zeigen, daß dieser Nenner auch eine ganze Funktion von ω\omega wird, sodaß also auch hier unsere ausgezeichneten Werte ω\omega sich als Nullstellen einer ganzen transzendenten Funktion ergeben.

Wir wollen aber jetzt das größere Problem der Beugung ausführlicher behandeln.

Nehmen wir zu diesem Ende an, daß der innere Leiter eine Kugel, die Erdkugel, vom Radius ϱ\varrho ist und das äußere Feld (dessen normale Komponente NN bedeutet) von einem punktförmigen Erreger SS herrührt, dessen Entfernung DD vom Mittelpunkt OO der Erde nur sehr wenig größer ist als der Radius ϱ\varrho. Wir wählen die Richtung OSOS zur zz-Achse und bezeichnen die Abweichung der Richtung OMOM, in der MM einen variablen Punkt der Kugeloberfläche bedeutet, von OSOS mit φ\varphi. Die Bedeutung von ϑ\vartheta, ξ\xi, φ\varphi^{\prime}; rr, rr^{\prime} ist aus der Figur ersichtlich:

OM=OM=OM1\displaystyle OM=OM^{\prime}=OM_{1} =ϱ,\displaystyle=\varrho,
OS\displaystyle OS =D,\displaystyle=D,
SM\displaystyle SM =r,\displaystyle=r,
SM\displaystyle SM^{\prime} =r.\displaystyle=r^{\prime}.

Der Wert der normalen Ableitung NN des äußeren Feldes berechnet sich im Punkte MM, wie leicht zu sehen, nach der Formel

4πN=eiω(t-r)[iωrsinϑsinξ+(1r2+1iωr3)(sinϑsinξ+2cosϑcosξ)].4\pi N=e^{i\omega\left(t-r\right)}\left[\frac{i\omega}{r}\sin\vartheta\sin\xi+% \left(\frac{1}{r^{2}}+\frac{1}{i\omega r^{3}}\right)\cdot\left(\sin\vartheta% \sin\xi+2\cos\vartheta\cos\xi\right)\right].

Da ω\omega eine sehr große Zahl ist — denn die Länge der Hertzschen Wellen ist klein gegenüber dem Radius der Erde — genügt es meistens, in dieser Formel nur das erste Glied, das in der eckigen Klammer auftritt, beizubehalten.

Im vorhergehenden haben wir die Gleichung der Hertzsehen Wellen auf die Form

2πμ=μK𝑑σ+N2\pi\mu=\int\mu^{\prime}Kd\sigma^{\prime}+N

gebracht und haben gezeigt, wie der Kern KK berechnet werden kann. Entwickeln wir jetzt NN und KK nach Kugelfunktionen oder vielmehr, da unser Problem die Symmetrie eines Rotationskörpers mit der Achse OSOS besitzt, nach Legendreschen Polynomen PnP_{n}, so gewinnen wir aus dieser Integralgleichung die elektrische Flächendichte μ\mu gleichfalls unter der Form einer nach den Funktionen PnP_{n} fortschreitenden Reihe. Es gilt zunächst

N=KnPn;0πPnNsinφdφ=2Kn2n+1.N=\sum K_{n}P_{n};\qquad\qquad\int\limits_{0}^{\pi}P_{n}N\sin\varphi\>d\varphi% =\frac{2K_{n}}{2n+1}.

KnK_{n} ist von der Form

AnJn(ωϱ)ϱ2,\frac{A_{n}J_{n}\left(\omega\varrho\right)}{\varrho^{2}},

wo AnA_{n} eine nur von nn, nicht aber von ϱ\varrho abhängige Zahl ist, und JnJ_{n} eine mit der Besselschen verwandte Funktion bedeutet.

Wir verstehen nämlich unter Jn(x)J_{n}(x) die in der Umgebung von x=0x=0 holomorphe Lösung der Gleichung

d2ydx2+y(1-n(n+1)x2)=0,\frac{d^{2}y}{dx^{2}}+y\left(1-\frac{n\left(n+1\right)}{x^{2}}\right)=0,

und In(x)I_{n}(x) sei dasjenige Integral derselben Gleichung, welches sich für große positive Werte von xx angenähert wie e-ixe^{-ix} verhält. Da JnJ_{n}, InI_{n} von einander unabhängig sind, können wir außerdem dafür sorgen, daß

InJn-JnIn=1{I_{n}}^{\prime}{J_{n}}-{J_{n}}^{\prime}{I_{n}}=1

ist, wenn unter Jn{J_{n}}^{\prime}, In{I_{n}}^{\prime} die Ableitungen von JnJ_{n}, InI_{n} verstanden werden.

Die Lösung unserer Integralgleichung lautet jetzt

μ=AKnPn(cosφ)In(ωϱ)Jn(ωϱ).\mu=A\sum\frac{K_{n}P_{n}\left(\cos\varphi\right)}{{I_{n}}^{\prime}\left(% \omega\varrho\right)J_{n}\left(\omega\varrho\right)}.

Da aber auch der Ausdruck von KnK_{n} im Zähler Jn(ωϱ)J_{n}\left(\omega\varrho\right) als Faktor enthält, und sich infolgedessen dieser Term Jn(ωϱ)J_{n}\left(\omega\varrho\right) heraushebt, ist

In(ωϱ)=0{I_{n}}^{\prime}\left(\omega\varrho\right)=0

die für die Eigenschwingungen charakteristische Gleichung.

Um zu übersichtlichen Resultaten zu gelangen, benutzen wir angenäherte Formeln. Diese beruhen darauf, daß ω\omega sehr groß, andererseits aber Dϱ-1\frac{D}{\varrho}-1 sehr klein ist. Wir stützen uns auf die folgende Näherungsformel

ηeiωθ𝑑x=ηeiθ2πωθ′′e±iπ4,\int\eta e^{i\omega\theta}dx=\eta e^{i\theta}\sqrt{\frac{2\pi}{\omega\theta^{% \prime\prime}}}e^{\pm\frac{i\pi}{4}},

θ\theta, η\eta sind gegebene Funktionen von xx, ω\omega eine sehr große Zahl, θ′′\theta^{\prime\prime} bedeutet die zweite Ableitung von θ\theta, und auf der rechten Seite ist als Argument ein solcher Wert einzusetzen, für den θ\theta ein Maximum oder Minimum besitzt; je nachdem der eine oder der andere Fall vorliegt, ist in dem Faktor e±iπ4e^{\pm\frac{i\pi}{4}} das Zeichen ++ oder das Zeichen -- zu nehmen. Hat θ\theta in dem Intervall, über welches zu integrieren ist, mehrere Maxima oder Minima, so ist der Ausdruck rechts durch eine Summe analog gebildeter Terme zu ersetzen.

Durch Anwendung dieser Formel bekommen wir für die Legendreschen Polynome Pn(cosφ)P_{n}\left(\cos\varphi\right) die folgenden, für große nn gültigen angenäherten Ausdrücke:

Pn=22πnsinφcos(nφ+φ2-π4).P_{n}=2\sqrt{\frac{2\pi}{n\sin\varphi}}\cdot\cos\left(n\varphi+\frac{\varphi}{% 2}-\frac{\pi}{4}\right).

Aus ihnen folgt für die KnK_{n}, falls n<ωϱn<\omega\varrho,

Kn=2n+18rn[eiα+eiα]iωsinϑsinξDϱcosϑcosξsinϑωϱ.K_{n}=\frac{2n+1}{8r\sqrt{n}}\left[e^{i\alpha}+e^{i\alpha^{\prime}}\right]% \frac{i\omega\sin\vartheta\sin\xi}{\sqrt{D\varrho\cos\vartheta\cos\xi}}\sqrt{% \frac{\sin\vartheta}{\omega\varrho}}.

Dabei ist

α\displaystyle\alpha =nφ-ωr+φ2-π2,\displaystyle=n\varphi-\omega r+\frac{\varphi}{2}-\frac{\pi}{2},
α\displaystyle\alpha^{\prime} =nφ-ωr+φ2,\displaystyle=n\varphi^{\prime}-\omega r^{\prime}+\frac{\varphi^{\prime}}{2},

gesetzt, und für ξ\xi, ϑ\vartheta, φ\varphi, φ\varphi^{\prime}, rr, rr^{\prime} sind die aus der Figur zu entnehmenden Werte einzusetzen, für welche

sinξ=nωϱ\displaystyle\sin\xi=\frac{n}{\omega\varrho} (ξ<π2)\displaystyle\left(\xi<\frac{\pi}{2}\right)

wird. Die gleiche Näherungsformel gilt auch für n>ωϱn>\omega\varrho, falls in der eckigen Klammer eiα+eiαe^{i\alpha}+e^{i\alpha^{\prime}} durch eiαe^{i\alpha} oder eiαe^{i\alpha^{\prime}} ersetzt wird; die Diskussion darüber, welches der beiden Glieder beizubehalten ist, will ich hier nicht geben.

Auch um InJn{I_{n}}^{\prime}J_{n} angenähert zu berechnen, müssen wir die beiden Fälle n<ωϱn<\omega\varrho und n>ωϱn>\omega\varrho unterscheiden. Im ersten Falle ist

InJn=eiα-α2cosα-α2,{I_{n}}^{\prime}J_{n}=e^{i\frac{\alpha-\alpha^{\prime}}{2}}\cdot\cos\tfrac{% \alpha-\alpha^{\prime}}{2},

im zweiten

InJn=12{I_{n}}^{\prime}J_{n}=\tfrac{1}{2}

zu setzen. Daraus ergibt sich, daß sowohl für n<ωϱn<\omega\varrho als auch für n>ωϱn>\omega\varrho und große nn

KnInJn=n2reiαiωsinξ(sinϑ)32ϱDcosϑcosξ\frac{K_{n}}{I_{n}^{\prime}J_{n}}=\frac{\sqrt{n}}{2r}\>e^{\text{i}\alpha}\>% \frac{\text{i}\sqrt{\omega}\sin\xi{\left(\sin\vartheta\right)^{\tfrac{3}{2}}}}% {\varrho\sqrt{D\cos\vartheta\cos\xi}}

gilt. In der Summe, durch welche wir μ\mu dargestellt haben, geben demnach diejenigen Glieder, für welche nahezu n=μn=\mu ist, den Ausschlag. Für diese gilt näherungsweise

ξ=π2  und  r=2ϱD.\xi=\frac{\pi}{2}\qquad\text{und}\qquad r=\sqrt{2\varrho D}.

Da ferner wegen der Kleinheit von Dϱ-1\frac{D}{\varrho}-1 der Winkel φ\varphi immer nahezu =0=0 bleibt, variiert α\alpha als Funktion von nn nur sehr wenig, wenn nn auf die dem Werte n=ωn=\omega benachbarten ganzen Zahlen beschränkt wird. Wir dürfen also, wenn wir noch die Längeneinheit so gewählt denken, daß ϱ=1\varrho=1 ist, schreiben

μ=Cωsinξ(sinϑ)32cosϑcosξ1sinψ(cosnψ+ψ2-π4).\mu=C\sum{\frac{\sqrt{\omega}\sin\xi{\left(\sin\vartheta\right)}^{\frac{3}{2}}% }{\sqrt{\cos\vartheta\cos\xi}}}\cdot\frac{1}{\sqrt{\sin\psi}}\left(\cos n\psi+% \frac{\psi}{2}-\frac{\pi}{4}\right).

Dabei ist μ\mu der Wert der elektrischen Oberflächendichte im Punkte M1M_{1} (s. die Figur).11endnote: 1 Der Ausdruck von μ\mu, kann auch auf eine einfachere Form zurückgeführt werden, nämlich μ=-i4πω2ϱ2D2n(n+1)(2n+1)In(ωD)In(ωϱ)Pn(cosφ)\mu=\frac{-i}{4\pi\omega^{2}\varrho^{2}D^{2}}\sum{n\left(n+1\right)\left(2n+1% \right)\frac{I_{n}\left(\omega D\right)}{{I_{n}}^{\prime}\left(\omega\varrho% \right)}P_{n}\left(\cos\varphi\right)} und diese Formel ist nicht eine angenäherte, sondern eine strenge.

Aus

sinξ=nω,sinϑ=nωD;cosξ=1-n2ω2,cosϑ=1-n2D2ω2\sin\xi=\frac{n}{\omega},\ \sin\vartheta=\frac{n}{\omega D};\ \cos\xi=\sqrt{1-% \frac{n^{2}}{\omega^{2}}},\ \cos\vartheta=\sqrt{1-\frac{n^{2}}{D^{2}\omega^{2}}}

bekommen wir

sinξ(sinϑ)32cosϑcosξ=nω(nωD)32D(1+nω)(1+nDω)4ωω-n4ω(D-1)411+ω-nω(D-1)4,\frac{\sin\xi{\left(\sin\vartheta\right)}^{\frac{3}{2}}}{\sqrt{\cos\vartheta% \cos\xi}}=\frac{\frac{n}{\omega}\cdot{\left(\frac{n}{\omega D}\right)}^{\frac{% 3}{2}}\sqrt{D}}{\sqrt[4]{\left(1+\frac{n}{\omega}\right)\left(1+\frac{n}{D% \omega}\right)}}\cdot\frac{\sqrt{\omega}}{\sqrt[4]{\omega-n}\cdot\sqrt[4]{% \omega\left(D-1\right)}}\cdot\frac{1}{\sqrt[4]{1+\frac{\omega-n}{\omega\left(D% -1\right)}}},

sodaß in der Nähe von n=ωn=\omega der linke Ausdruck von derselben Größenordnung ist wie

ω4D-141n-ω4.\frac{\sqrt[4]{\omega}}{\sqrt[4]{D-1}}\cdot\frac{1}{\sqrt[4]{n-\omega}}.

Führen wir diese Annäherung in unsere Formel für μ\mu ein und ersetzen
cos(nψ+ψ2-π4)\cos{\left(n\psi+\frac{\psi}{2}-\frac{\pi}{4}\right)} zunächst durch ei(nψ+ψ2-π4)e^{i\left(n\psi+\frac{\psi}{2}-\frac{\pi}{4}\right)}, so kommen wir auf die Reihe

ω34ei(ψ2-π4)sinψD-14(n)einψn-ω4.\frac{\omega^{\tfrac{3}{4}}e^{i\left(\frac{\psi}{2}-\frac{\pi}{4}\right)}}{% \sqrt{\sin\psi}\cdot\sqrt[4]{D-1}}\cdot\sum_{\left(n\right)}{\frac{e^{in\psi}}% {\sqrt[4]{n-\omega}}}.

Schreiben wir

S=(n)einψn-ω,S=\sum_{\left(n\right)}{\frac{e^{in\psi}}{\sqrt{n-\omega}}},

so können wir

νν+1Se-iωψ𝑑ω  (νganzzahlig)\int\limits_{\nu}^{\nu+1}{Se^{-i\omega\psi}d\omega}\qquad(\nu\ \text{% ganzzahlig})

als einen Mittelwert der Reihe SS betrachten, und ich will SS durch diesen Mittelwert ersetzen. Ein solches Verfahren ist gewiß berechtigt, wenn es uns nur daran liegt, die Größenordnung von SS festzustellen, umsomehr als in Wirklicheit von einer Antenne nicht bloß Schwingungen einer einzigen Wellenlänge, sondern ein ganzes kontinuierliches Spektrum von Schwingungen ausgeht. Wir erhalten

νν+1Se-iωψ𝑑ω\displaystyle\int\limits_{\nu}^{\nu+1}{Se^{-i\omega\psi}d\omega} =(n)νν+1ei(n-ω)ψn-ω4𝑑ω\displaystyle=\sum_{\left(n\right)}{\int\limits_{\nu}^{\nu+1}{\frac{e^{i\left(% n-\omega\right)\psi}}{\sqrt[4]{n-\omega}}d\omega}}
=--ωeiqψq4𝑑q,\displaystyle=-\int\limits_{-\omega}^{\infty}{\frac{e^{iq\psi}}{\sqrt[4]{q}}}dq,

und da ω\omega sehr groß ist, wird dieses Integral mit

-+eiqψq4𝑑q\int\limits_{-\infty}^{+\infty}\frac{e^{iq\psi}}{\sqrt[4]{q}}dq

im wesentlichen übereinstimmen.

Auf ähnliche Weise zeigt man, daß der Mittelwert von

e-inψn-ω4\sum{\frac{e^{-in\psi}}{\sqrt[4]{n-\omega}}}

gegen den von SS zu vernachlässigen ist. Damit gewinnen wir das Resultat, daß μ\mu von der Größenordnung

ω34D-14\frac{\sqrt[4]{\omega^{3}}}{\sqrt[4]{D-1}}

und also μN\frac{\mu}{N} von der Größenordnung

1ω(D-1)4\frac{1}{\sqrt[4]{\omega\left(D-1\right)}}

ist. Die Beugung ist daher um so größer, je näher die Quelle SS der Erdoberfläche gelegen ist und je länger die entsendeten Wellen sind. Auf diese Weise wird die zunächst staunenerregende Tatsache verständlich, daß es mit Hilfe der in der drahtlosen Telegraphie verwendeten Hertzschen Wellen gelingt, vom europäischen Kontinent z. B. bis nach Amerika zu telegraphieren.

Wenn man nicht den mittleren Wert der Reihe betrachten will, welcher von einem Integral dargestellt wird, sondern den wirklichen Wert dieser Reihe, so hat man eine Diskussion durchzuführen, welche auf einem wohlbekannten Abelschen Satz beruht, und deren Resultate etwas komplizierter, aber sonst ganz ähnlich den vorliegenden sind.

Note. Je me suis aperçu que les dernières conclusions doivent être modifiées. Les formules approchées dont j’ai fait usage ne sont plus vraies lorsque nn est très voisin de ωϱ\omega\varrho. Elles doivent être alors remplacées par d’autres, où figure une transcendante entière satisfaisant à l’équation différentielle

y′′=xy.y^{\prime\prime}=xy.

Mais les termes qui doivent être ainsi modifiés sont en petit nombre et j’avais cru d’abord que le résultat final n’en serait pas modifié. Un examen plus approfondi m’a montré qu’il n’en est rien. La somme des termes modifiés est comparable à celle des autres termes dont j’avais tenu compte et qui est donnée par la formule précédente; il en résulte une compensation presque complète de sorte que la valeur de μ\mu donnée par les formules définitives est notablement plus petite que celle qui résulterait des formules précédentes.

PD. Poincaré (1910, 23–31).

Time-stamp: “ 4.05.2019 00:49”

Literatur