4-44-14. Felix Klein an H. Poincaré

Leipzig 13. Januar 1882

Sehr geehrter Herr !

Ich habe Ihnen nicht persönlich für die Übersendung Ihrer Arbeit gedankt, mit der Sie mich in der Tat in hohem Grade verpflichtet haben. Wir sind jetzt so weit, daß in den allernächsten Tagen gedruckt wird. Sie werden eine Korrektur bekommen, die ich Sie bitte, nach Durchsicht „An die Teubner’sche Buchdruckerei, Leipzig“ zurückschicken. Wollen Sie dabei insbesondere auch die Erklärung durchsehen, welche ich Ihrer Arbeit in dem früher bereits bezeichneten Sinne Benennungen „fuchsiennes“ und „kleinéennes“ protestiere, bezüglich letztere Schottky zitiere und übrigens Riemann als denjenigen bezeichne, auf den alle diese Untersuchungen zurückgehen. Ich habe mich bemüht, diese Erklärung so maßvoll als möglich zu halten, bitte Sie aber, mir umgehend zu schreiben, wenn Sie noch eine Abänderung wünschen. Dem Verdienste Ihrer Untersuchungen trete ich damit in keiner Weise zu nahe. Hierüber hinaus habe ich nun aber noch eine eigene kleine Arbeit redigiert, die gleich hinter der Ihrigen abgedrückt werden soll.11endnote: 1 Klein (1882), reedited in Fricke et al. (1923, 622–626). Dieselbe bringt, auch ohne Beweis, einige auf dem betr. Gebiete liegende Resultate, vor allem dieses: Daß man jede algebraische Gleichung f(w,z)=0f(w,z)=0, sobald man auf der zugehörigen Riemannschen Fläche pp unabhängige Rückkehrschnitte gezogen hat, in einer und nur eine Weise durch w=ϕ(η)w=\phi(\eta), z=ψ(η)z=\psi(\eta) auflösen kann, wo η\eta eine diskontinuierliche Gruppe von der Art erfährt, wie Sie sie damals im Anschluß an meinen Brief zur Sprache gebracht haben. Dieser Satz ist darum so schön, weil diese Gruppe genau 3p-33p-3 wesentliche Parameter hat, also ebensoviele, als die Gleichungen des gegebenen pp Moduln besitzen. Hieran knüpfen selben möglichst vollständig mitzuteilen, habe ich die Druckerei angewiesen, Ihnen auch von meiner Arbeit die Korrektur zuzuschicken, die Sie dann ruhig für sich behalten wollen.

Was die Beweise angeht, so ist das eine mühselige Sache. Ich operiere immer mit Riemannschen Anschauungen resp. „geometria situs“. Das ist schwer ganz deutlich zu redigieren. Ich werde mir alle Mühe geben, dieses mit der Zeit zu tun. Mittlerweile wird es mir sehr erwünscht sein, mit Ihnen hierüber und auch über Ihre Beweise zu korrespondieren. Seien Sie überzeugt, daß ich die Briefe, welche Sie mir in dieser Hinssicht in Aussicht stellen, mit größtem Interesse studieren und dementsprechend eingehend beantworten werde. Wenn Sie wünschen, dieselben in irgendeiner Form zu publizieren, so stehen Ihnen die Math. Annalen selbstverständlich zur Verfügung.

Hochachtungsvoll, Ihr ergebener

F. Klein

PTrL. Nörlund (1923, 115–117); see also the translations in English (§ 7-2-59) and French (§ 7-2-38).

Time-stamp: "1.05.2021 00:13"

Notes

  • 1 Klein (1882), reedited in Fricke et al. (1923, 622–626).

Literatur

  • R. Fricke, H. Vermeil, and E. Bessel-Hagen (Eds.) (1923) Felix Klein Gesammelte mathematische Abhandlungen, Volume 3. Springer, Berlin. link1 Cited by: endnote 1.
  • F. Klein (1882) Ueber eindeutige Functionen mit linearen Transformationen in sich. Mathematische Annalen 19, pp. 565–568. link1 Cited by: endnote 1.
  • N. E. Nörlund (1923) Correspondance d’Henri Poincaré et de Felix Klein. Acta mathematica 39, pp. 94–132. link1 Cited by: 4-44-14. Felix Klein an H. Poincaré.